die medien em - das nationalteam und der druck von außen

[24.06.2004]


die em der großen spiele, des schnellen und offensiven fußballs. der schönen aktionen und spektakulären tore. der alten recken und der jungen spieler, die groß auftrumpfen. der kleinen, die die großen ärgern.
aber es war auch die em, in der die medien in manchen ländern einen nie gekannten druck auf die mannschaften ausgeübt haben. besonders die traditionsreichen fußballnationen waren diesem druck ausgesetzt und manche sind daran zerbrochen - und ausgeschieden. deutschland gehört dazu, der druck von außen war zu groß. jetzt ist das turnier für den dfb schon nach der vorrunde beendet, ex liebling und ex teamchef rudi völler ist weg. in den startlöchern steht ottmar hitzfeld, der schon vorher als nachfolger gehandelt wurde - in den medien.

freistoß frings von der linken außenlinie, keiner kommt ran, deutschland führt mit eins zu null gegen den dauerrivalen holland. schön geschossen, aber irgendwie glücklich. dennoch gut gespielt und blöd den ausgleich kassiert. sowas kann passieren. wenn die leistung stimmt. dann ist auch die medienwelt schnell umgestimmt. keine "hitzfeld - ich bin bereit" schlagzeilen mehr. vielmehr ein loblied auf rudi völler, dessen geniale devensivtaktik den wirbel der holländer gebremst hatte. plötzlich war die rede von "letten plätten" oder ähnlich eindeutigen schlagzeilen. keine rede mehr von der schwachen mannschaft der testspiele. die warnungen aus mannschaftskreisen wurden einfach überhört. wer das spiel der, im ersten spiel erschreckend schwachen, holländer zerstören kann, ein glückliches tor erzielt und doch nur unentschieden spielt, der kann doch mit der betonabwehr von lettland keine probleme haben.

natürlich wurden die letten in keinster weise geplättet, zerknittert waren aber nur die medien, denen plötzlich das "sturmproblem" auffiel. die unfähigkeit der deutschen nationalmannschaft, eine massierte abwehr spielerisch zu knacken, geschweige denn, sich bietende möglichkeiten zu verwandeln. das der mediale overkill noch nicht über die dfb elf hereinbrach war wohl nur dem sieg der tschechen gegen die niederländer zu verdanken. ein sieg gegen die tschechen und man wäre weiter. das sollte ja kein problem sein, schließlich wollte tschechien nur seine b-elf gegen deutschland aufbieten. was die "bild" zeitung allerdings mit den elf barbusigen frauen im nationaltrikot mit der überschrift "rudi ihr müsst siegen - sonst..." auf dem titelblatt meinte, ist schwer bis gar nicht nachvollziehbar.

was jedoch nach der niederlage gegen tschechien auf die nationalmannschaft einprasselte war weder nachvollziehbar noch in irgendeiner weise fair. worte wie "blamage" und "peinlich" waren die harmlosesten im blätterwald. "rudi, wir sind die deppen europas" schrie die "bild" auf der titelseite. schneider, der durch seinen einsatz das erste deutsche tor durch ballack erst ermöglicht hatte, aber in der zweiten hälfte freistehend einen schuss nur auf den torhüter statt ins tor schoss, wurde als "volltrottel" beschimpft. für ihn und seine kollegen frings, nowotny und hamann erweiterte das blatt sein benotungssystem um die note sieben "ohne worte". bei der lektüre des artikels konnte man meinen, es sei kein fußballspiel verloren, sondern die vergangenheit, gegenwart und zukunft einer ganzen nation zerstört worden. die "hamburger morgenpost" hält deutschland für die neuen "fußball-zwerge". die "berliner zeitung" wettert "ihr versager! eine qual, was rudis truppe da auf den rasen stümpert. fehlpässe keine ideen - grusel fußball".

sogar die internationale presse stimmte mit ein. "deutschland zum totlachen" schreibt die spanische zeitung "marca". für die "as" war die aktuelle mannschaft "unwürdig, das so glorreiche deutsche trikot zu tragen". dänemark ist zwar im viertelfinale, austeilen kann die presse dort aber auch. "die roboter marschieren heimwärts. außer ballack, schweinsteiger und lahm sind die deutschen eine graue masse durchtrainierter laufmaschinen, die nach bedarf grätschen oder alibi-pässe spielen" findet "ekstra bladet".

das völler nicht bleiben würde, war wohl allen klar, die ihn nach dem abpfiff beobachtet hatten. wie er sich von den fans verabschiedet hat. wie er jedem spieler die hand gegeben hat. was er im interview sagte.


der rücktritt war dann für kaum jemanden eine überraschung. er und seine mannschaft waren dem druck von außen nicht mehr gewachsen. völler schaffte es nicht mehr, sich vor seine mannschaft zu stellen. die "wutrede" mit waldemar hartmann war wohl schon der anfang vom ende. schon damals kritisierte er den umgang der medien mit seiner mannschaft scharf. er könne "den scheißdreck" von den "immer tieferen tiefpunkten" nicht mehr hören.

jetzt ist völler weg. er hat sich geopfert für die mannschaft, hat ein letztes mal den druck von ihr genommen. hat die aufmerksamkeit der medien nach dem em aus auf sich gelenkt und die erste woge damit abgefangen. jetzt wird hitzfeld kommen. er muss den umbruch einleiten, einige spieler werden gehen müssen. einige neue, junge spieler werden kommen und integriert werden müssen. und die medien müssen in den zwei jahren ohne pflichtspiel bis zur wm im eigenen land bei laune gehalten werden. eine große aufgabe für ottmar hitzfeld - eine aufgabe, an der er beim fc bayern münchen zuletzt gescheitert ist.

[mw]



nach loveparade aus - die musik bleibt in berlin
em 2004 logo - so schmeckt der sommer?










"fight the power" homepage