die liga bebt - zwischen wettskandal und horrorschulden

[17.02.2005]


es ist nicht einfach, in diesen tagen fußballfan zu sein. mehrmals täglich kommen neue meldungen über den wettskandal, der bvb übertrifft sich nur noch selbst mit immer neuen negativberichten aus der finanzabteilung, was am letzten wochenende sogar 1500 bvb fans auf die straße brachte. die schiedsrichter scheinen völlig verunsichert und pfeifen lieber einen elfmeter zuwenig, als einen falschen zuviel. die nationalmannschaft rutscht auf platz 17 in der weltrangliste der fifa ab. und am ende wird wohl auch noch der fc bayern meister.
aber halt, mal langsam so schlimm ist es doch alles nicht, oder?

zugegeben, eine lage zu dramatisieren ist nicht besonders schwer, gerede in der letzten zeit sind die steilvorlagen dafür ideal. korrupte schiedsrichter, für die das einstmalige synonym 'unparteiische' allenfalls noch als schlechter witz benutzt wird, traditionsvereine, deren managment die seele des clubs verkaufen, fehlfpfiffe, die spiele entscheiden und statistiken, die abstürze unterstreichen.

schön ist das alles nicht, aber der lärm, der darum gemacht wird grenzt teilweise schon ans lächerliche.

beispiel wettskandal:
da kommt heraus, dass ein schiedsrichter zusammen mit einer kroatischen bande spiele manipuliert hat, um bei wetten abzusahnen. ein skandal, zweifelsohne. muss daraus aber eine geschichte gemacht werden, die die grundfesten des deutschen fußballs in frage stellt? sind plötzlich alle schiedsrichter korrupt, nur weil sie mal auf eine dreiste schwalbe im strafraum reinfallen, mal ein echtes faul für eine ebensolche schwalbe halten?
plötzlich tauchen von allen seiten beschuldigungen auf. er würde lebenslang gesperrt, wenn er jetzt den mund aufmache, sagt matthias sammer nach dem spiel seines vfb stuttgart gegen den hamburger sv.

bochums neururer spricht von 12 punkten, die "uns weg gepfiffen" wurden. wenn man den vfl nicht in der bundesliga haben wolle, dann könne man sich auch gleich vom spielbetrieb abmelden.
bielefelds manager von heesen sieht sich in seiner meinung bestätigt, ein spiel der amateure in der regionalliga nord sei verschoben gewesen.
rudi assauer, manager von schalke 04, attestiert schiedrichter jürgen jansen, er sei "vom typ her" anfällig für betrügereien.

sie alle wittern ihre chance, gieren danach, ein stück vom kuchen zu bekommen und sei es nur das image des vereins, der auch irgendwie benachteiligt, aber nicht entschädigt wurde.

den vogel schießt aber der dfb höchstselbst an. viel ungelenker und skandalfreudiger hätte man auf den wettskandal wohl kaum reagieren können. die medien waren noch nicht ganz durch mit dem tsunami, da wurde ein begriff aus diesem themenbereich kurzerhand vom dfb vereinnahmt. man brauche ein frühwarnsystem, um künftig ähnliche fälle verhindert zu können. gemeint war hier natürlich nicht, ein system, um eine menschliche tragödie durch eine flutwelle zu verhindern, sondern ein warnsystem, was vor ungewöhnlich hohen wetteinsätzen warnt. interessant daran ist nur, dass plötzlich tatsächlich niemand mehr an tsunamis dachte, wenn er frühwarnsystem hörte.

beispiel schiedsrichterleistung:
was auf die pfeifenmänner in den letzten wochen eingeprasselt ist, möchte man nun wirklich niemandem zumuten. eines sei hier deutlich herausgestellt. die meisten anfeindungen kamen nicht von seiten der fans, sondern von den verantwortlichen der vereine.
wer so im dauerfeuer der kritik und unter ständiger beobachtung von dutzenden kameras aus unzähligen blickwinkeln und in superzeitlupe verlangsamt gezeigten bildern steht, von dem soll dennoch eine fehlerfreie leistung erwartet werden? wer sowas erwartet, der kann nur eines tun, schnellstens den videobeweis auf den weg bringen, um dann zu erkennen, dass auch die bilder nicht immer eine eindeutige sprache sprechen, wenn man sich entscheiden muss.

beispiel bvb finanzen:
jetzt, wo das kind fast komplett im brunnen liegt, schreien alle. wirkliche lösungsvorschläge aber hat wohl kaum jemand. wie auch, zuviel wurde in den letzten jahren falsch gemacht. dass jetzt aber gerade die am lautesten schreien, die noch vor gut zwei jahren blind vor freude über amoroso tore gejubelt haben, ist schon bemerkenswert. woher die gut 25 millionen euro für den transfer kamen fragte niemand.

bei all dem getöse rund um den fußball geht unter, dass die nationalmannschaft nach der neuesten fifa weltrangliste nur noch auf platz 17 steht. das ist auch gut so, denn den wahren leistungsstand des dfb teams gibt diese liste nun wirklich nicht wieder. schon allein deshalb, weil die usa auf platz 11 stehen, wie auch immer die da hingekommen sind, wie ein gewisser her netzer wohl sagen würde.

zusammengenommen ist wohl alles nicht so schlimm.
bis auf wenige ausnahmen sind die schiedrichter sauber, wenn sie auch, aus sicht einiger offizieller, leider noch menschen sind. die liga erfreut sich weiterhin ungebrochener beliebtheit, besonders der krisengeschüttelte bvb ist weiterhin unangefochtener zuschauerkrösus in deutschland. die bundesliga clubs sind auf europäischer bühne so erfolgreich wie seit der saison 2001/02 nicht mehr (damals standen mit dortmund, ja tatsächlich dortmund, und leverkusen zwei deutsche vereine in den finals des europacups. beide spiele gingen verloren). und auch die nationalmannschaft ist auf einem guten weg. es ist schon eine ganze weile her, seit ein bundestrainer auf eine derartige fülle von nachwuchsleuten zurückgreifen konnte. selbst wenn es für die wm im eigenen land nicht reichen sollte, was viele nicht zu wissen scheinen, auch danach wird weiter fußball gespielt. gute leute werden auch dann gebraucht.

kopf hoch also, fußballdeutschland, es hätte wahrlich alles schlimmer kommen können.

[mw]



deutscher fußball-bund
bv borussia dortmund 09
die bundesliga


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