the prodigy - always outnumbered, never outgunned


totgesagte leben eben doch länger. the prodigy, seit nun mehr 12 jahren schwer im geschäft und aus dem genre der elektronischen musik als feste größe nicht mehr wegzudenken, kommen nach 7 jahren "rekreation" mit einem neuen album zurück. fing ihre geschichte noch wild bei rave ausläufern 1992 mit dem album "experience" an, ging der sound des "wunderkindes" schnell härtere wege. dabei drang immer mehr hip hop als stilmittel insbesondere bei den beats und punk attitüden bei vocals und erscheinungsbild in den vordergrund. als resultat ergab sich "zuletzt" im jahre 1997 mit dem album "the fat of the land" ein sound, der es wie kein anderer zuvor schaffte die kollidierenden lager der musikfreunde von elektronischer und nicht-elektronischer [meist rock-] musik zu vereinen. nach dem motto "techno find ich blöd, aber prodigy ist geil" fanden sich bei konzerten der "fat of the land tour" extrovertiert bis impertinent wirkende "raver" neben manch pogo-heavy-metal-punk-konzert abonnenten wieder.

dann machten die stilpaten pause. stolze 7 jahre zog sich das quartett um mastermind liam howlett zurück. man entdeckte sich scheinbar selber und versuchte sich in solo projekten. so bewies liam howlett sein dj-talent mit seinen dirtchamber sessions [1999] und maxim "schlangenauge" reality debütierte - mit viel öffentlicher aufmerksamkeit aber bescheidenem erfolg - im jahr 2000 mit seinem soloalbum "hells kitchen" ["carmen queasy"-cover mit skin, "scheeming"]. die "jungs" schienen zu altern, die vierzig in sicht, die "rave" blüten der jugend längst welk, und weitere frische "experiences" liessen sich nur noch langsam erarbeiten. aus den electro "fab four" wurde 2002 mit dem selbstironischen "baby's got a temper" zunächst ein trio, tänzer leeroy zog eigene wege vor. nach dem flop der single brach die truppe ganz auf, nur noch liam howlett führte den namen the prodigy weiter. aber ausgezählt am boden liegend und zahlenmäßig unterlegen ["outnumbered"] war das wunderkind nach eigener darstellung immer, dennoch fehlte es ihm nie an feuerkraft ["outgunned"].

wie aber nun verhält es sich mit den ballistischen eigenschaften des lang erwarteten album "always outnumbered, never outgunned". in einer vorab zusammenfassung, der sound ist dreckiger und roher geworden. um der metaphorik nicht entfliehen zu wollen, schoss the prodigy zuvor noch mit maschinengewehren und präzisionsgeschossen ist das derzeitige arsenal eher abgesägten schrotflinten und splittergranaten zugewandt.

dieses harsche urteil ist nicht als kritik zu verstehen. der sound bleibt neu, unerwartet frisch und in der tradition von the prodigy zugleich. obligat gequälte gittaren reliefs am rande dazu stampfende hip hop breakbeats bei moderater geschwindigkeit sind übrig gebliebene reliquien des voralbums. ebenso verhält es sich mit den kollaborationen mit britpop produzierenden, aber ehemals rave hörenden "szenekumpanen" wie liam & noel gallagher ["shoot down"] und mit der unterstützung durch den "amtlichen" mc kool keith ["wake up call"].

einen wesentlichen unterschied des sounds im vergleich zu vorgänger alben macht aber die allgegenwärtige verzerrung aus. die ersten vier lieder wirken gleichförmig kriegerisch wie eine art tollkühne weiterführung des pre-release "baby´s got a temper" [2003]. kein wunder bzw. auch konsequentes marketing, ist die tatsache, dass also auch "girls" und "memphis bells" [ein wortspiel zwischen dem glockensample und den im artwork von webseite und album integrierten weltkriegsbomber "memphis belle"] die ersten single auskoppelungen wurden. und gibt es so etwas wie ein lied welches das gesamte album in seinem sound kennzeichnet so ist es auch sicher "girls". hier trifft sich der komplette soundreigen von the prodigy. oldschool hip hop scratches, dicke, funkige b-boy basslines, dazu knackige beats, alles sachen, die sich immer in ihrem sound wiederfanden. nur hat sich offensichtlich die versteckte liebe dazu immer mehr befreit. wobei sich ihr drang, einer art neuem rock n roll zu frönen nicht erschöpft hat.

generell beweisen the prodigy bei dieser eigenwilligen stilmixtur vor allem, dass man ohne große geschwindigkeit enorm viel effekt und drive erzeugen kann. die geheime kraft mag aber auch resultat der inneren inkonsequenz des albums sein, welches zuweilen gekonnt und interessant leider aber auch manchmal übermütig wirkt.

fakt ist, dass es auf jeden fall keinen brecher auf diesem album gibt, keinen "firestarter", kein "breathe" und schon gar nicht ein "no good". dennoch überschattet dieses album unzählige konkurrenz releases der letzten jahre vor allem durch vielfältigkeit. die einzigartigkeit des eigenen sound schiebt sich ein kleines wenig in den hintergrund dafür sucht die sampleanzahl und -ausgefeiltheit ihres gleichen. neue gast features wie etwa die der "ping pong bitches" in "girls" und der schrägen schauspielerin juliette lewis ["from dusk till dawn","strange days"] in dem stück "hotride" runden das skurill bunte bild des albums ab.

begann das album tösend agressiv so geht ihm in der zweiten hälfte, mit der zäsur "medusas path" ein wenig der punk aus, die agression und noch einmal das tempo nehmen in der folge ab. diese abnahme macht sich aber bezahlt, denn hier zeigt sich nicht nur vielfältigkeit und abneigung gegenüber albumseinheit [oder gar -eintönigkeit], sondern verstärkt der hang zur tradition und zur pflege vieler stile.

eine tugend hat sich the prodigy besonders lobenswert aufgehoben. so ist immer einer der letzten, meist instrumentalen tracks ein lässiges stück coolness, so war es "11 kilos" [music for the jilted generation], so war es "climbatize" [fat of the land] und so ist es diesmal "the way it is".

der sound nach langer pause hat sich bei the prodigy nicht dramatisch aber doch merklich verändert. die rohe geballte kraft des anfangs von AONO schlägt aber große wellen, verhallt und mündet in neue bahnen. dieser sound wird mit sicherheit gewöhnungsbedürftig und mit großer wahrscheinlichkeit nicht genreprägend oder musiklagervereinend sein, dafür kann man ihm seinen eigentümlichen charme nicht absprechen.



"girls" || "pheonix" || "the way it is"



von latenten hoffnungen eines neuaufgusses gilt sich zu verabschieden. nichts bleibt wie es war, bei AONO ist es vielleicht auch gut so

[
jw]



Release: 23.08.2004 ::: Label: XL Recordings ::: Vertrieb: Indigo

publiziert am: 12.08.2004







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