stagediving beim "telekommander"




die sonne brennt, die socken fruchtig
juicy beats 9 - das electronic music festival

31.07.2004 [westfalenpark dortmund]




"die sonne brennt, der pott kocht!" heißt es im programm und in der ankündigung von juicy beats, dem regional größten electro festival im dortmunder westfalenpark. bereits zum 9. mal fand am 31.07.2004 das "saftige" festival statt welches jedes jahr im hochsommer vom verein für unabhängige kultur, dortmund organisiert wird. den improvisierten "initiativ-charme" der ersten festivals hat sich juicy beats mit sicherheit durch die zum teil (infantil abstrahierten) selbstgemalten früchte bewahrt, welche die einzelnen areas kennzeichnen.

die früchte, bzw. die obstkorbmetapher für die vielfältigkeit der musikstile und lokal stimmungen kommen erheblich gut an. so trifft man sich nicht am grillplatz buschmühle, wo letztes jahr der parkeigene kiosk seinen jahresumsatz am festivaltag mit dosenbier verdoppeln konnte, sondern man trifft sich bei der "ananas".

nun kann man bei einem festival wie juicy beats inzwischen mehr von einer "institution" als von einer initiative sprechen. stolze 12 areas [4 live-bühnen plus chillige bis clubbige "Parkhütten"] wurden dieses jahr installiert. neben einer besucherzahl um die 15.000 [vorjahr] tummeln sich zusätzlich rund 250 Artists, Liveacts, DJs, VJs auf dem festival gelände.

die location, der westfalenpark steht dem festival wie angegossen und lässt im sommer keine wünsche offen. allgegenwärtig als eine art navigationsspunkt der fernsehturm, eine seilbahn aus der kategorie alpinsport schlägt eine schneise durch das gelände und eine personenschwangere miniatureisenbahn, wie man sie aus vergnügungs- und safariparks kennt, rundet das eigentümliche bild des westfalenparks ab. als besondere location gimmicks seien der tretboot-weiher, die fischbecken, die zeche am horizont, die oder das pferdegöpel und das gigantische, wild von security boliden reglementierte sonnensegel [a.k.a. die orangene teppichtanzbühne] gennant.

besonders gut und neu, war die diesjährige option bei ankunft vor 16.00h einen picknickkorb mit essen und getränken mitzunehmen. das ist eine gute massnahme schliesslich umfasst das festival satte 14 stunden [12h -4h] und lokal erwerbbare verköstigungen wiesen zwar ein preisgefälle auf, wleches aber auf einem festivalüblichen hohen niveau lagen. und ist man bei der zeitlichen dimension muss man leider auch eine kritik loswerden: die tatsache das N.O.H.A. um 14.00h vor nicht mal halber kulisse spielen musste bleibt für die entire-electro redaktion sinnfrei.

und die musik, ja was will man sagen? die warm ups versprachen ungemein aufkommende tanzwut. so knallte in der pferdegöpel der deep und hard house am nachmittag. manche bühnen ruhten bis 18.00h, andere wurden durch technische fehlleistungen im wert zurückgeworfen [bühne des elektr. tanzvergnügens a.k.a. erdbeeren-bühne] auf der matt flores mit seinem metaworld soundsystem nicht zeitig an den start kam und musik und strom von dannen schien. die ananas-bühne war zu dieser pre-festival ära fest in electro-rock hand. die rockford kabine röhrte mit lasziven posen daher, hier hiess es future electronic, dem nicht "spartengourmet" ist dies zu erklären mit einer rock-combo die entweder das schlagzeug gegen einen akai-sampler, groovebox o. ä. tauscht oder sich von analogsynthis stützen lässt.

die [apfel-] hauptbühne begann jetzt mit gratis wasserbällen und afrikanischer world elektro musik aufzutrumpfen [frederic galliano & the african divas]. ein kömodiantischer aspekt kam dann hinzu als erobique seinen auftritt einleitete. ein putziger junger mann verkroch sich hinter seine keyboards, sang [deutsch] schrullige geschichten zu nettem elektrosounds und baute immer wieder anweisungen an den tontechniker ["der monitor ein wenig lauter"] in die gesangsmelodie ein, wenn nicht gerade inventar wie dreierstecker oder keyboards von ihrer befestigung flüchteten. wie eine weitere slapstick einlage gestaltete sich dann die übergabe an egoexpress, die zunächst fliessend mit "herrn erobique" in einer session aufgingen und dann wirkliche oldschool basslines aus spät achtziger zeiten herbeizauberten. der holzboden, eine musik und stimmungsauffangende und reflektierende angelegenheit, bebte.

ein schwenk auf die ananas-bühne auf der ab 20.00h ein "trend" umging und deswegen vorsicht geboten war. die mediengruppe telekomander regte mit weiteren krachern wie "panzer" und "ich kommander, du kommander ... tele kommander" an und lud die menge zum stagediving mit gewaltigem erfolg ein. telekommander sagte dann auch hiergeblieben, den im line-up folgte auf dieser bühne das dj-set der "local heroes" phoneheads. vornehmlich phillip maiburg sorgte schnell für eine area neudeklarierung, jetzt war breakbeat angesagt. kein fuss blieb am boden als maiburg mit pendulums "back to you" den grillplatz akustisch in brand setzte. die dezente sonne entschwand und stilverwandte visuals gaben weitere impulse den abend nicht ohne muskelkater beschliessen zu wollen.

eins live ikone klaus fiehe [raum&zeit] erschien gegen 23.00h und sah sich der breakbeat begeisterten menge ausgesetzt und stimmte mit gewohnt garstigen übergängen ein in den reigen. drum n bass killer wie "ready oder not" von den fugees machten den floor übervoll und der menge entkam in den musikalischen "lücken" nur ein "klaus" oder ein "lauter".

vorbei am treetboot-weiher gegangen, gelangt man zum seepavillion [plaumen-bühne]. in dieser stickigen, übervollen area herrrschte ebenfalls ausgelassene stimmung zu gekonnt gleichförmiger house musik. die sonnensegel area [orangen bühne] war zu dieser zeit immer noch von security leuten beinah zugestellt, von der personendichte war dies die nun wildeste bühne. live vocals und äußerst tanzbarer deep house sowie frisch aufgearbeitete tagesaktuelle liveact visuals rundeten das "bunte" bild des sonnensegels ab.

kurzzeitig von rhytmuslädierten beinen erholen konnte man sich bei alten disney und looney tunes cartoons die improvisiert wirkend auf einer wiese auf 16mm filmprojektoren vorgeführt worden.

die getränkebuden begannen zu schliessen, die nachtbus möglichkeiten wurden verstärkt in anspruch genommen, es wurde leiser ab 3.00h. dies galt aber nicht für die pferdegöpel, hier war die electroclash phase abgearbeitet und der acid beherrschte die holzkuppel. die beats und nebelmaschinen gaben einfach nicht auf, nicht einmal nach der deadline um 4.00h.

ein musikalisch voll ausschöpfender und körperlich erschöpfender festival tag ist zu ende und macht hunger auf mehr...

auf ein neues im jahr 2005. dortmunder wir beneiden euch um solche vereine!

[jw]

publiziert am: 01.08.2004


weitere reviews ::: kammerflimmern 14.05.2004 :::