athen 2004 - die spiele sind zu hause, ein rückblick

[30.08.2004]


nun beginnt sie also, die XXIX. olympiade, die ihren höhepunkt in den XXIX. olympischen spielen der neuzeit im jahre 2008 in peking finden wird. der höhepunkt der letzten olympiade liegt nun hinter uns. die rückkehr der spiele an den ort ihrer wiedererweckung im jahre 1896 durch den französischen baron pièrre de coubertin ist nun geschichte. "welcome home" prangte an vielen der werbefreien banden in den sportstätten der stadt. die olympischen spiele waren in die wiege zurück gekehrt, aus der sie stammten. es sollten die schönsten spiele aller zeiten werden. sogar eine antike kampfbahn im alten olympia sollte für einen wettkampf genutzt werden, zum ärger der wissenschaftler, die um ihre ausgrabungen fürchteten.

es sollten fröhliche spiele mit glücklichen menschen und glücklichen sportlern werden. vor allem aber sollten es saubere spiele sein. im vorfeld kündigten die offiziellen aus dem internationalen olympischen komitee [ioc] und dem organisationskomitee der spiele von athen, kurz athoc, vollmundig an, dem doping an den kragen zu gehen. die ehrliche leistung sollte im vordergrund stehen, betrüger keine chance haben.

viele der ankündigungen konnten nicht erfüllt werden, einige andere dafür schon. ioc präsident jacques rogge sprach in seiner schlussrede von "traumspielen", die nun zu ende gingen. die 16 tage von athen, ein rückblick:


im zeitplan

als die spiele von athen schon nicht mehr allzu weit in der zukunft lagen, die sportstätten aber beiweitem noch kein baustadium erreicht hatten, was die verantwortlichen vom ioc beruhigt hätte, da begannen die lästereien. die griechen würden es nicht rechtzeitig schaffen, das war der tenor, der überall herrschte. die griechen schafften es. nicht zuletzt durch die resolute "athoc" leiterin gianna angelopoulos - daskalaki, die auf den baustellen der stadt mächtig dampf machte. zwar sah es hier und da noch so aus, als wäre doch nicht alles in gänze fertiggestellt, dem ablauf der spiele aber stand das nicht im wege. auch der angekündigte verkehrskollaps in griechenlands hauptstadt konnte vermieden werden. teils, weil viele athener wegen des sommers außerhalb der stadt weilten, aber auch, wegen einiger guter lösungen. so wurde der linke fahrstreifen zahlreicher hauptstraßen nur für fahrzeuge freigegeben, die offiziell die erlaubnis des "athoc" hatten. so kamen sowohl athleten als auch offielle und journalisten pünktlich zu den wettkampfstätten.

mit sicherheit

nie war es so teuer, ein sportereignis zu schützen. als athen im jahr 1997 den zuschlag erhielt, die spiele im jahr 2004 austragen zu dürfen konnte noch niemand ahnen, dass der etat für die spiele nur für die sicherheit der athleten und zuschauer mehr als eine milliarde euro bereitstellen musste. doch die terroanschläge des 11. september veränderten das sicherheitsgefühl nachhaltig. es gab kaum eine ecke, die nicht von kameras überwacht wurde. kriegsschiffe der nato kreuzten im ägäischen meer. scharfschützen lagen mit dem gewehr im anschlag auf den dächern der stadt. metalldetektoren scanten jeden zuschauer vor dem betreten der sportanlagen. die angst vor terroranschlägen, vor einem wahnsinnigen, der sich selbst in einer menschenmasse in die luft sprengen könnte, hatte dafür gesorgt, dass athen für die dauer der olympischen spielen zeitweilig einer festung glich. die leichtigkeit der spiele von sydney konnte so unmöglich erreicht werden.

zuschauer verzweifelt gesucht

es war ein rauschendes fest, mit dem die olympischen spiele im athener olympiastadion eröffnet wurden. es sollte mit der feier die moderne mit der antike verbunden werden. die entzündung des olympischen feuers gelang, die spiele damit freigegeben. eine tatsache, die vielen athenern scheinbar verborgen geblieben war. die sportstätten sahen teilweise aus, als wären sie für den publikumsverkehr gesperrt. die potenziellen besucher saßen lieber zuhause vor dem fernseher. nur wenige menschen waren in der ersten woche der spiele bereit, sich für bis zu 120 euro für eine abendveranstaltung stundenlang in die brütende sonne zu setzen. selbst eigentlich populäre sportarten wie tennis konnten die zuschauer nicht locken. in manchen arenen saßen mehr offizielle und pressevertreter als zuschauer. lediglich das aquatic center, schauplatz der schwimmentscheidungen, war bis auf den letzten platz gefüllt, bei exzellenter stimmung. erst in der zweiten woche erwachten die spiele aus ihrem dornröschenschlaf. mit dem beginn der leichtathletikwettbewerbe im olympiastadion wuchs auch das zuschauerinteresse in den anderen arenen. das olympiastadion selbst war fast jeden tag in den abendstunden komplett gefüllt.

sp(r)itzen athleten

die sauberen spiele sind eine illusion, das wurde schneller klar, als den verantwortlichen recht sein konnte. ausgerechnet zwei griechen sorgten für den ersten dopingskandal der spiele. die beiden leichtathleten kostas kenteris und ekaterini thanou erschienen einen tag vor der eröffnung nicht zu einem dopingtest. beide seien bei einem motorradunfall schwer verletzt und in ein krankenhaus eingeliefert worden. ein griechischer fernsehsender liefert die bilder des verletzten kenteris bei der einlieferung in die notaufnahme. später stellt sich alles als reine erfindung heraus. einen motorradunfall hat es nie gegeben. dafür werden bei einer durchsuchung der firma von christos tzekos, dem trainer der beiden griechischen athleten, zahlreiche ampullen mit verschiedenen dopingmitteln sichergestellt. kenteris und thanou kommen einer sperre zuvor und treten nicht zu den wettbewerben an. die staatsanwaltschaft setzt ihre ermittlungen fort.

insgesamt 25 dopingsünder aus 14 ländern wurden bei den spielen von athen gezählt. eine zahl, die bei über 10 000 sportlern aus 202 ländern vergleichsweise gering erscheint. zahlreiche dopingmittel sind jedoch nach einer gewissen zeit nicht mehr aufzuspüren, die mit ihrer hilfe aufgebauten muskeln aber bleiben. wie hoch die dunkelziffer der unendeckten dopingsünder ist, lässt sich daher nur erahnen.

bericht aus athen

1400 stunden programm lieferten ard und zdf in den 16 tagen von athen in die deutschen wohnzimmer. kein anderer sender der welt produzierte mehr bilder von den olympischen spielen als die beiden öffentlich rechtlichen sender aus deutschland. im wechsel in den beiden hauptprogrammen sowie auf vier digitalen kanälen gab es athen 2004 fast rund um die uhr. die meisten bilder wurden vom griechischen fernsehen für die ganze welt produziert, nur einige wenige kameras waren vom deutschen fernsehen zusätzlich an einigen sportstätten aufgebaut worden. meistens dort, wo sich die fernsehmacher deutsche medaillen erhofft hatten. die menge der zusatzinfos im fernsehen hat dabei inzwischen eine zahl erreicht, bei der es nicht wundern kann, wenn sich viele menschen die spiele am fernseher anschauen. beim schwimmen oder den laufwettbewerben waren die bahnen der favoriten und beim vom deutschen fernsehen zusätzlich die bahnen der deutschen athleten farbig unterlegt. in den schwimmwettbewerben zeigte eine linie die zeit des weltrekords an, bei den leichtathleten wurden die aktuellen gold, silber und bronze weiten grafisch auf den platz projeziert. der wurf eines speeres konnte nicht nur dank genauer berechnung der höhe, verlaufskurve und geschwindigkeit annalysiert, sondern auch noch direkt mit dem wurf eines kontrahenten verglichen werden. ob der sportfreund all diese informationen tatsächlich braucht sei dahingestellt.
blieben noch fragen offen, so konnte man immernoch die hotline anrufen. war ihr sinn noch bei der fußball em in portugal angezweifelt worden, konnte sie in diesem fall vielleicht tatsächlich durch den dschungel der unterschiedlichsten entscheidungen und vorkämpfe führen. weshalb ihre einblendung allerdings wieder einen großteil des bildschirm ausfüllen musste bleibt ungeklärt.
eine nette idee beim zdf war es, neben dem namen des jeweiligen reporters auch ein bild einzublenden. so hatte man endlich ein bild zur stimmen. positiv war auch, dass zdf sportchef wolf dieter poschmann endlich wieder in seiner paradezisziplin, der kommentierung von leichtathletik, zu hören bekam. viele hatten ja schon mitleid mit dem armen "poschi", wenn dieser sich gerade mal wieder stammelnd durch eine fußballsendung gehangelt hatte. in athen konnte poschmann zeigen, was er kann. perfekte informationen aus dem leichtathletikstadion.

aus der traum

deutschland ist erwacht aus einem traum, eine große sportnation zu sein. die schwimmer, teils als hohe favoriten auf die medaillen gehandelt, gingen reihenweise baden. franziska van almsick beendet ihre karriere von einem fünften platz auf ihrer ehemaligen paradedisziplin 200 meter freistil. diskuswerfer lars riedel wurde ebenso wie gewichtheber weller durch eine verletzung um die wohl letzte chance für eine olympische medaille gebracht. die deutschen vielseitigkeitsreiter wurden durch eine ungenaue regel, sämtliche instanzen der sportlichen gerichtsbarkeit und neidische gegner um ihre goldmedaillen bebracht. bettina hoy verlor zusätzlich ihre einzelmedaille. überzeugen konnten lediglich die randsportarten wie kanu, reiten, judo und schießen sowie die mannschaftssportarten. die handballer holten silber, die hockeydamen sogar sensationell gold.
die traurigsten silbermedaillengewinner aber waren wohl nicolas kiefer und rainer schüttler. nach tollem kampf und großem spiel mussten sie sich im doppelfinale des olympischen tennisturniers gegen die chilenen nicolas massu und fernando gonzales in fünf sätzen geschlagen geben. eine der schönsten silbermedaillen gewann dagegen speerwerferin steffi nerius. im letzten versuch im finale nahm sie noch mal alle körperlichen und mentalen kräfte zusammen und schleuderte den speer mit persönlichem rekord auf silberweite. sie zeigte die mentale kraft, die viele andere deutsche athleten nicht hatten.

die bilanz

die usa waren wieder einmal das maß aller dinge bei den olympischen spielen, 103 medaillen sammelten die us sportlerinnen und sportler, davon 35 goldene. deutschland beendet die spiele auf dem sechsten platz und holte insgesamt 48 medaillen. für 14 olympiasieger wurde die deutsche hymne gespielt. dabei blieb die ausbeute in den olympischen kernsportarten schwimmen und leichtathletik dürftig, trotz erfreulicher resultate bei den wurfdisziplinen. konnte nadine kleinert doch überraschend silber im kugelstoßen an historischer stätte in olympia gewinnen.
über 60 000 helfer sorgten für einen reibungslosen ablauf der spiele. als symbolischen dank durften acht dieser helfer bei der abschlussfeier die olympische fahne aus dem stadion tragen, eine ehre, die sonst großen sportlern oder persönlichkeiten zuteil wird.

der ausblick

die nächsten olympischen sommerspiele finden 2008 in der chinesischen hauptstadt peking statt. was die volksrepublik dort veranstalten wird konnte man schon in athen erahnen. china gewann 32 mal gold und landete damit hinter den usa auf platz zwei. die chinesische regierung wird wohl alles daran setzten, dass china bei den spielen im eigenen land auf platz eins steht. es bleibt eine interessante frage, wie sich das kommunistische china der welt präsentieren wird. erstmals seit der teilweisen öffnung richtung westen finden in der volksrepublik eine weltveranstaltung statt, die die augen der öffentlichkeit nach china lenkt. ob wir die vielfach befürchteten propagandaspiele sehen werden bleibt abzuwarten. um aber dem alten olympischen geist tatsächlich gerecht zu werden erwartet china ein gewaltiger drahtseilakt.

[mw]



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die olympischen sportstätten von athen
steffi nerius nach dem gewinn der silbermedaille im speewerfen
franziska van almsick am boden zerstört
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