itunes – der test einen monat nach dem start in europa

[15.07.2004]


als am 15. juni 2004 330 journalisten nach london pilgerten, da taten sie das nicht, um big ben anzuschauen. vielmehr waren sie einer einladung gefolgt. steve jobs, der apple gründer, hatte gerufen. was er wollte wusste jeder, gesagt hatte jobs es nicht. jedem der anwesenden journalisten war klar, es konnte sich nur um den europastart von itunes, dem apple eigenen musikladen im internet handeln.
die vermutungen waren richtig, an jenem tag startet itunes mit viel trara und alicia keys in deutschland, großbritanien und frankreich. damit sollte es, neben phonoline, endlich einen adäquaten ersatz für die p2p börsen im internet geben. das jedenfalls hofften nicht nur die mitglieder der viel beschworenen musikindustrie, sondern auch vieler nutzer. hörte man doch die tollsten geschichten aus den usa. schier unüberschaubare mengen an musik sollte itunes nun endlich auch in teilen von europa für alle menschen mit internetanschluss zur verfügung stellen.

ähnlich große töne hatte der verband der deutschen musikindustrie schon im märz gespuckt, als er auf der cebit mit phonoline sein download portal eröffnet hatte. die realität sah jedoch anders aus, wie der entire electro [phonoline test] zeigte. entire electro überprüft, ob itunes hält, was steve jobs verspricht.

aller anfang ist schwer, auch die suche nach itunes. scheinbar war apple so sparsam, nur eine domain für seinen neuen download shop zu registrieren. anders ist es nicht zu erklären, dass ähnliche adressen wie i-tune.de [keine inhalte], i-tunes.de [seltsame seite, die von einer seltsamen firma spricht, die man allerdings irrtümlich nicht gefunden hat], itune.de [erotisches onlinekampfspiel] oder gar itunes.de [führt zu einem möglichen, aber noch nicht funktionierenden konkurrenten zu itunes] überall hin führen, aber nicht zu itunes von apple. lediglich itunes.com bringt den benutzer ans ziel seiner suche: die apple itunes startseite

nach kurzer zeit hat man auch herausgefunden, dass man für die benutzung von itunes eine software benötigt, die gleichzeitig auch ein abspielgerät für musik und filme aller art ist, großspurig angekündigt als "die digitale jukebox und der music store, auf den deutschland gewartet hat". man klickt also auf "deutschland" und lädt sich das 21 mb große paket herunter. mit einer breitbandverbindung geht das auch recht schnell. nachdem man das programm installiert, gestartet und ein paar fragefenster weggeklickt hat, ist man auf der startseite des music shores.

man klickt auf "power search" und stellt erst nach einer weile fest, dass man gerade den us shop von itunes durchsucht. der hat zwar ein schönes angebot, was jedoch leider aus deutschland nicht geladen werden darf.

das umstellen auf den deutschen shop ist jedoch kein problem. auf der deutschen store hauptseite ist man nun der musik ganz nahe. schon auf der ersten seite bekommt man einige vorschläge. möchte man selbst nach einem interpreten oder einem song suchen, so klickt man auf "erweiterte suche" und gelangt in die suchmaske. hier kann man nach titel, interpret, album und komponist suchen. das suchergebnis wird übersichtlich untereinander darunter angezeigt. dort kann es nach verschiedenen kriterien sortiert werden. allein diese übersicht schlägt die suche bei eventim music, einem shop, der die phonoline plattform benutzt, um längen.

im test haben wir nach sämtlichen interpreten gesucht, die in diesem jahr bei entire electro im radio beim album zum wochenende [azw-archiv] mit einem album vorgestellt wurden. die suche wurde durch bekannte elektronische künstler wie fatboy slim oder moby erweitert. als vergleichswert haben wir diesen test auch mit der us version von itunes durchgeführt. außerdem mit im test war auch eventim music, die im letzten entire electro test sehr schlecht abgeschnitten, aber besserung gelobt hatten.

das ergebnis war durchaus unterschiedlich. zusammengenommen wurden im us shop 964 songs der der gesuchten interpreten gefunden. in deutschland gab es bei den selben suchkriterien lediglich 485 treffer. weit abgeschlagen ist eventim music mit lediglich 157 gefundenen songs. im vergleich zum test im april konnte eventim lediglich bei fatboy slim zulegen. fand sich beim letzten nur ein song des engländers in der datenbank, so sind es im aktuellen test schon 35. fatboy slim ist neben faithless auch der einzige künstler im test, von dem es bei eventim mehr songs gibt, als bei itunes. die itunes suchmaschine fand nur sieben songs. faithless ist die große überraschung bei eventim. insgesamt 90 songs, inklusive des aktuellen albums [no roots], fördert die suche zutage. itunes bringt es hier lediglich auf 69 treffer, das aktuelle album ist nur durch die erste singel vertreten.

bei den anderen künstlern hat itunes die nase vorn, oder hat wie eventim nichts im angebot. von den alben zum wochenende aus diesem jahr kann man bei itunes "the crystal method - legion of boom", "nighthawks - as the sun sets", "scissor sisters - scissor sisters" und "beastie boys - to the five boroughs" [in einer entschärften und in der normlen version] bekommen. die us version hatte zusätzlich noch "naomi - pappelallee" [obwohl es sich hierbei um eine deutsche gruppe handelt], "ty - upwards", "beanfield - seek", "dilated peoples - nighborhood watch" und "air - talkie walkie" im angebot. die restlichen alben waren weder in den usa noch in deutschland zu haben.

der test zeigt, bei elektronischer musik hat itunes klar die nase vorn. das angebot von eventim music hat sich seit dem start im märz in den testkategorien nur in einem fall verbessert, in allen anderen fällen ist es gleich geblieben oder schlechter geworden. um auch die freunde der elektronischen musik zufrieden zu stellen, muss die phonoline datenbank noch kräftig aufgestockt werden.

aber auch itunes hat keine grund, sich zurück zulehnen. zwar konnte phonoline klar distanziert werden, jedoch klaffen auch hier noch zuviele lücken, um wirklich ein zufriedenstellendes angebot zu bieten. die bereitstellung des us angebotes auch für deutschland wäre hier schon ein guter anfang, schließlich brachte die suche in der us variante fast exakt doppelt so viele songs zutage, wie die deutsche version.


das potential bei itunes ist jedoch groß. die suchfunktion ist einfach und schnell. das suchergebnis wird übersichtlich präsentiert und kann vielfach sortiert werden. mit 99 cent ist der songpreis im rahmen [wenn auch nicht billiger als die anderen anbieter]. die vorhörfunktion sucht ihresgleichen. der 30 sekunden stream kommt mit schneller internetverbindung nahezu sofort in bestechender qualität. schon jetzt bietet itunes über 700 000 songs zum download an, diese zahl soll ständig wachsen. nicht zuletzt verfügt apple mit dem ipod und zahlreichen anderen features, wie etwa eine drahtlose verbindung des computers mit der stereoanlage über einige zugkraft im hardware sektor, sowie einen guten namen bei den computernutzern, was den konkurrenten fehlt.

wenn itunes in nächster zeit in die tat umsetzen kann, was bisher nur angekündigt wurde, dann wächst damit erstmals eine ernsthafte legale alternative zu den p2p tauschbörsen heran. wenn das angebot, gerade in den randbereichen des musikgeschmacks so dünn bleibt, dann war auch itunes nicht mehr als ein strohfeuer, über das die tauschgemeinde nur müde lächeln wird.

[mw]



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